Wir nehmen die Welt mithilfe unserer fünf Sinne war. Wir sind in der Lage, auditiv etwas zu hören, visuell Dinge zu sehen, kinästhetisch zu fühlen, olfaktorisch zu riechen und gustatorisch zu schmecken. Unser Gehirn erhält dadurch ca. 600000 Informationseinheiten,11 Millionen Bits an Informationen pro Sekunde, die es verarbeitet- viel zu viel Eindrücke für uns Menschen. Nur etwa fünf bis neun Informationseinheiten pro Sekunde werden uns bewusst, denn unser Gehirn filtert vor. Es entscheidet in Sekundenschnelle welche Informationen wichtig und unwichtig sind, um uns vor Überlastung und Reizüberflutung zu schützen.
Unser Gehirn ist eine Hochleistungsmaschine, die uns hilft, nicht durchzudrehen. Dennoch ist es maßgeblich wichtig ein Bewusstsein über die Filter zu entwickeln, um sich nicht ausschließlich vom Unterbewussten lenken zu lassen.
Die drei Wahrnehmungsfilter
Im Wesentlichen lassen sich drei Arten von Wahrnehmungsfiltern unterscheiden: Der neurologische Filter, der kulturelle & soziale Filter sowie der individuelle Filter.
Der neurologische Filter
schränkt mithilfe von Nervenzellen unsere Sinneswahrnehmung ein. Das Nervensystem filtert ca. 200 Bits (von 11 Millionen!),
die bewusst gleichzeitig wahrgenommen werden können; alle anderen werden
ausgefiltert. Ein gutes Beispiel hierfür ist
der Schall: Wir können ihn nur zwischen 20 und 20000 Hz wahrnehmen. Ähnlich
verhält es sich mit dem Sehen: Licht können wir hier nur über die Augen in einem
Spektrum zwischen 380 und 680 Nanometer wahrnehmen.
Der kulturelle/soziale Filter ist ein Teil
unseres Weltbilds. Unsere Wahrnehmung wird durch unser kulturelles Umfeld und
soziale Muster eingeschränkt. Beispielsweise verhalten sich die fünf
Sinne eines afrikanischen Ureinwohnern wesentlich anders als die von uns Europäern.
Auch die Inuits verfügen über eine andere Wahrnehmung:
Sie können über ihre Sprache 20 verschiedene Arten von Schnee unterscheiden und
nehmen Unterschiede in der Schneekonsistenz wahr. Uns Europäer fehlt das
Bewusstsein für diese Vielfalt an Schnee. Das bedeutet: Selbst bei
gleicher Neurologie kann die Wahrnehmung der Welt, je nach den Erfordernissen
und Traditionen der Mitwelt, sehr verschieden sein.
Der individuelle Filter beschränkt unsere
Wahrnehmung durch unsere persönliche Erfahrung. Und diese ist unglaublich
individuell! Jeder Mensch hat ein komplett anderes Leben durchlebt, mit ganz einzigartigen
Erfahrungen. Unserer Interessen, Vorlieben, Abneigungen, Gewohnheiten- geprägt
durch unsere Erziehung, unsere Umwelt, unsere Wahrnehmung- ist ein Konstrukt
unseres individuellen Modells von der Welt. Aufgrund dieser persönlichen
Erfahrungen halten wir bestimmte Informationen für wichtiger als andere und
richten unsere Aufmerksamkeit auf jene. Andere Informationen wiederum werden vernachlässigt
oder gänzlich ausgelassen. Deutlich wird unsere Fähigkeit zum Ausfiltern von
Unerwünschtem zum Beispiel beim „Partyeffekt“: Er beweist unsere
Fähigkeit, aus einer Geräuschkulisse ein einzelnes Geräusch herauszuhören, nur
weil wir gerade auf dessen Inhalt neugierig sind.
Auch unsere Einstellungen, Werte, Ängste, Bedürfnisse, Entscheidungen, Erinnerungen und Glaubenssysteme prägen unsere Wahrnehmung. Sie werden häufig durch unsere Gedankenmuster manipuliert; getilgt, generalisiert und verzerrt.
Was bringt uns diese Erkenntnis?
All diese Filterprozesse sind uns Menschen in der Regel nicht bewusst. So kreiert jeder Mensch ständig blinde Flecken in seiner Wahrnehmung. Unser Fokus bestimmt den Filter. Vor allem hilft uns die Erkenntnis über die Filter, bewusster mit den eigenen Gedankenmustern und Handlungen umzugehen, aber auch, die der Mitwelt zu verstehen. Durch die individuellen Denk- und Verhaltensprogramme erlebt jeder Mensch die Welt auf eine andere Art und Weise- nach seinem Modell der Welt. Wir neigen oft dazu, nur unsere Wahrheit als die Richtige zu begreifen, ohne das Paradigma des gegenüber zu verstehen. Wir erwarten, dass die Menschen entsprechend unserer eigenen Abbildung der Wirklichkeit reagieren und verstehen oft nicht, warum Verhaltensweisen so unterschiedlich sein können.
Ein gutes Beispiel kann ich an dieser Stelle aus meiner Praxiserfahrung im Recruiting geben. Hier werden die Filter bei der Personalauswahl besonders deutlich. Menschen neigen dazu, Menschen zu mögen, die wie sie selbst sind. Verhält sich ein Bewerber nicht entsprechend der eigenen Verhaltensweisen, ist er vermeintlich nicht geeignet für den Job. Doch was sagt das aus? Auch wenn die eigene Herangehensweise sich als erfolgversprechend bewiesen hat, heißt das nicht, dass eine andere Handlungs- oder Verhaltensweisen nicht auch erfolgreich sein könnte. Es sagt höchstens etwas über die Subjektivität des Betrachters aus. Unsere Aufgabe als Personaler also: Objektivität, anstatt Subjektivität zu gewährleisten.
Deshalb an dieser Stelle der Appell an Euch: Hinterfragt Euch, Eure Handlungen und Eure Einstellung kritisch. Nehmt Euer Modell nicht als die einzige Wahrheit an. Seit Euch bewusst, dass andere Menschen die Welt ganz anders sehen und empfinden. Sie könnt durch ihre Prägung gar nicht anders Handeln und Denken. Versucht zu verstehen, anstatt zu verurteilen.