Es ist nicht alles nur schlecht: Die positiven Aspekte der Corona-Krise

Die Welt befindet sich im Ausnahmezustand. Das möchte ich weder herunterspielen noch schönreden. Das COVID-19 sorgt weltweit für Angst und Schrecken. Wir sind durch die Massenmedien täglich fast ausschließlich mit Horror-Neuigkeiten konfrontiert: Nachrichten über Krankheit, Tot, Quarantäne, Ausgangssperren, geschlossene Grenzen, Chaos im Gesundheitssystem, finanzielle Katastrophen, Existenzängste, abgesagte Reisen und Feste- um nur ein paar zu nennen. Das öffentliche Leben und die Wirtschaft kommen in vielen Bereichen zum Erliegen. Das ist schlimm, keine Frage.

Dennoch, oder gerade deshalb, möchte ich mit diesem Artikel die Aufmerksamkeit auf die positiven Geschehnisse in der Welt lenken, die durch die Corona-Krise entstehen. Wir können sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene einiges aus der aktuellen Situation lernen und sie als Chancen für die Zukunft nutzen. Wir müssen den richtigen Fokus setzen und dürfen uns nicht durch die Angst völlig lähmen und blockieren lassen. Angst schränkt das Denken und die Handlungsfähigkeit ein. Das müssen wir verhindern. Wir haben durch die aktuelle Krise die Möglichkeit, sowohl über uns als über die generelle, weltwirtschaftliche Situation zu reflektieren und können achtsamer und bewusster aus der Krise herausgehen als vorher.

Deshalb möchte ich hier die positiven Aspekte der Krise benennen und zum Reflektieren anregen:  

  • Unserer Umwelt geht es besser

Das es unserer Umwelt bisweilen nicht gut ging ist kein Geheimnis. Nicht umsonst wurde die Bewegung „Fridays for Future“ angestoßen, um Klimaschutzmaßnahmen zu erzwingen. Luftverschmutzung und Klimawandel sind neben Abholzung, Plastikmüll, Bodenerosion und Artensterben nur einige sehr kritische Umweltfaktoren.

Durch die aktuelle wirtschaftliche Situation geht die Umweltverschmutzung stark zurück. In Venedig sind bei kristallklarem Wasser wieder Fische im Kanal zu beobachten, in den Häfen von Triest und Cagliari tummeln sich Delfine. Satelliten der Europäischen Weltraumagentur ESA verzeichnen einen Rückgang des Stickstoffdioxid-Gehalts in der Luft über der norditalienischen Industrieregion. Die Messwerte aus Italien spiegeln wider, was sich auch in China zeigte. Die Kohlendioxid-Emissionen sind durch das Erliegen der chinesischen Wirtschaft im Februar um 25% im Vergleich zum Vorjahr gesunken; Das entspricht rund 200 Millionen Tonnen CO2, die dem Klima zugutekommen. Die Umwelt hat gerade die Chance, mal wieder aufzuatmen.

  • Gerettete Menschenleben

Wo wir gerade beim Thema Umwelt sind: Weltweit sterben jährlich, einer internationalen Studie zufolge, Millionen Menschen durch die Umweltverschmutzung. Grund dafür sind Schadstoffe in der Luft, im Wasser und im Boden, die u.a. zum Tot durch Herzerkrankungen, Schlaganfälle und Lungenkrebs führen. Es wird geschätzt, dass die Umweltverschmutzung jährlich für ca. 9 Millionen Todesfälle weltweit verantwortlich ist; in Deutschland für ca. 62.000 Todesfälle. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass vermutlich mehr Menschen durch die positiven Umweltfolgen gerettet werden können, als durch das Coronavirus sterben. Zum Vergleich: Stand heute (21.03.-11 Uhr) sind weltweit 11.200 Todesfälle durch den Virus verzeichnet, davon 70 Todesfälle in Deutschland.

Noch ein kleiner Exkurs zum Thema Todesfolgen, der ebenfalls zum Nachdenken anregt: Die starke Grippewelle 2017/18 hat in Deutschland rund 25.100 Menschen das Leben gekostet. Weltweit sterben jährlich an einer Influenza-Infektion schätzungsweise 290.000 bis 645.000 Menschen. Da fragt man sich doch: Ist die mediale Panikmache wirklich verhältnismäßig?

  • Eine nachhaltige Zukunft einleiten

Wir leben in einem wachstums-fixiertem Wirtschaftssystem, ohne uns ausreichend Gedanken über die Folgen zu machen. Wieder landen wir beim Stichwort Umwelt. Fakt ist: So wie vor der Krise darf es danach nicht mehr weitergehen. Unsere Umwelt ist bereits sterbenskrank; das kann eine Chance sein, um das Ruder herumzureißen, wenn wir endlich mal aufwachen und nicht mehr unsere Augen verschließen.
Falls nämlich nicht könnte es zu einem „Rebound-Effekt“ wie nach der Finanzkrise 2008 kommen. Damals sanken während der Krise die CO2 Emissionen signifikant, nur um nach der Krise stärker anzusteigen als zuvor. Die Wirtschaft „musste“ wieder aktiviert und die Verluste ausgeglichen werden. Wenn wir die Erde nach der Krise so munter Weitervergiften wie zuvor, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie zusammenbricht. Wir müssen zu dem Bewusstsein gelangen, dass unser aktuelles Wirtschaftssystem keine langfristige Lösung ist. Ob wir nach der Corona-Krise in einer „grüneren“ Welt leben, hängt stark davon ab, welche Lehren wir aus der Pandemie ziehen. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um die richtigen Grundsteine für die Zukunft zu legen.

  • Solidarität – Endlich mal wieder an andere denken!

Im Alltag befinden wir uns häufig in einem Hamsterrad des Egoismus, ohne es überhaupt zu merken. Wir kümmern uns um UNSER LEBEN; Gehen unseren Jobs nach, unseren Interessen und konsumieren ungeniert, was uns gefällt. Davon kann sich, denke ich, kaum einer freisprechen. Was wir dabei allerdings völlig außer Acht lassen: die Menschen am Rande der Gesellschaft. Die Älteren und Hilfebedürftigen. Was gerade passiert, macht Hoffnung: Die Menschen helfen sich in dieser schwierigen Zeit und fordern einander zu Solidarität auf. Polizei, Supermarktangestellten und Gesundheitsvertretern wird (endlich mal) Dankbarkeit gezollt. Menschen musizieren zusammen in Italien auf den Balkonen; ein Gemeinschaftsgefühl entsteht. Leider verhalten sich noch nicht alle Menschen solidarisch: Stichwort Hamsterkäufe, Corona Partys und generell aggressives Verhalten aufgrund der aktuellen Lage. Aber viele tun es schon. In Krisenzeiten haben wir die Gelegenheit uns daran zu erinnern, dass wir eine Gemeinschaft sind und die CHance, wieder näher zusammenzurücken.

  • Die Zeit nutzen

Das viele aktuell zu Hause bleiben hat auch Vorteile, wenn man sie als solche erkennt. Die Zeit kann genutzt werden, um sie mit den Kindern, dem Partner oder der Familie zu verbringen. Dazu, bei dem schönen Frühlingswetter auf dem Balkon zu sitzen oder im Garten zu arbeiten. Etwas zu tun, was man schon immer machen wollte: Vielleicht eine neue Sprache zu lernen oder ein Instrument. Sich weiterzubilden oder einem persönlichen Projekt zu widmen. Zu lesen. Seine Kreativität mal wieder anzukurbeln, die in unserem analytischen Alltag oft zu kurz kommt: Zu basteln, malen, schreiben, musizieren. Mal wieder Gesellschaftsspiele zu spielen. Sich- via Skype- auf einen Kaffeeklatsch mit Leuten zu verabreden, die man lange nicht gesehen hat. Auch länger aufgeschobene Dinge können erledigt werden: Die Wohnung endlich ausmisten, den Frühlingsputz hinter sich bringen oder die Steuererklärung machen. Wir müssen die gewonnene Zeit als Chance begreifen, nicht als Strafe.

  • Selbstreflexion

Einer der für mich wichtigsten Punkte ist in diesem Kontext das Thema Selbstreflexion. Zeit ist ein teures Gut in unserer sonst so schnelllebigen Gesellschaft geworden. Neben all den oben genannten Dingen können wir die nun gewonnene Zeit vor allem auch dafür nutzen, um uns selbst zu erkennen. Mal zu hinterfragen: Was möchte ich eigentlich im Leben? Was sind meine Werte? Bin ich aktuell überhaupt glücklich? Wir sind in unserem Alltag so in unseren Routinen gefangen, dass wir kaum Zeit haben sie zu hinterfragen. Ich persönlich bin außerdem der Meinung, dass es viele Menschen mal guttut, Abstand vom Umfeld zu schaffen. Mal nicht von allen Seiten beeinflusst zu werden und den (oft) negativen Gedanken anderer ausgesetzt zu sein. Die Coronavirus-Krise kann also auch dafür genutzt werden, um sich selbst nochmal neu zu entdecken.

  • Minimalistischer leben

Wir leben in einer völligen Wohlstandgesellschaft. Wir haben alles im Überfluss. Wir schmeißen Nahrungsmittel weg und konsumieren sinnlos. Muss das wirklich sein? Die Krise lehrt uns, nicht ständig alles verfügbar zu haben (Stichwort Klopapier! Kleiner Scherz am Rande). Wir dürfen lernen, mit weniger zufrieden zu sein. Nachzudenken, bevor wir etwas kaufen. Aber auch genügsamer zu sein. Weniger zu tun und zu planen, weil aktuell einfach nicht mehr so viel möglich ist. Wir lernen wieder ein einfacheres, nicht so gehetztes und durchgestyltes Leben zu führen. Wir dürfen den Vergleich aufgeben und unser Ego mal beiseite legen. Das tut uns sicherlich auch nicht schlecht.

  • Gesundheit wertschätzen

Im normalen Alltag denken wir viel zu wenig an unsere Gesundheit. Wir nehmen sie oft als selbstverständlich. Das Erwachen erfolgt häufig erst, wenn irgendwas nicht mehr in Ordnung ist. Die aktuelle Krise macht uns darauf Aufmerksam, wie wichtig unsere Gesundheit ist. Sie macht uns klar, wie schnell man sie „verlieren“ kann und wie vergänglich sie ist. Ein starkes Immunsystem und ein gesunder Körper schützt vor Krankheiten, Viren und Bakterien. Wir dürfen uns also wieder erinnern, wie wichtig eine gute Ernährung, frische Luft und ausreichend Bewegung sind und wie sehr Stress sowie ein ungesunder Lifestyle uns schadet. Wir können die Zeit nutzen, um acht auf unsere Gesundheit zu geben und uns um unseren Körper zu kümmern.

  • Chance, die Bedingungen im Gesundheitswesen zu ändern

Last but not least: In der aktuellen Krise wird mehr denn je klar, wie wichtig das Gesundheits- und Krankenpflegepersonal ist. Der Personalmangel im Gesundheitswesen, der sicherlich zu großen Teilen durch die niedrigen Löhne und die schlechten Arbeitsbedingungen verursacht wird, ist nun maßgeblich dafür verantwortlich, warum unser Gesundheitssystem in der aktuellen Krise kurz vorm Kollaps steht. Das Problem ist nicht erst seit gestern bekannt, geändert wurde bisher allerdings nichts. Das Gesundheitspersonal wurde viel zu wenig wertgeschätzt! Die Krise macht uns das bewusst. Sie lässt und die Arbeit der Menschen im Gesundheitswesen wieder schätzen und führt hoffentlich dazu, dass diese wichtigen Berufe endlich wieder als das erkannt und behandelt werden, was sie sind: Lebenswichtig.

In diesem Sinne hoffe ich, ihr macht das beste aus der Krise und nutzt sie zu reflektieren.

Bewusstsein schafft Verantwortung; und die haben wir alle für für unsere Welt.














Ich möchte an dieser Stelle noch auf den tollen Artikel von Christof („Einfach bewusst“) hinweisen, der mich zu diesem Text inspiriert hat. Danke dafür! 🙂

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Kategorie: People & Psychology
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